KI als Wachstumsmotor: Wie können Verlage mit ihrem Content über KI-Plattformen Geld verdienen – und eine Grundlage für nachhaltige digitale Geschäftsmodelle schaffen?

Alle Infos zum KI-Round Table des VDL am 18.09. um 14 Uhr

Interviews mit spannenden Persönlichkeiten, Forschern und Entscheidern zum Thema KI und Zukünfte der Medien

Effizienz-Booster: KI-Automatisierung in Produktion und Distribution, Softwareentwicklung und KI

Portrait: Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI)

Woran man sofort einen KI Text erkennt

Interview mit ChatGPT über die Grenzen der KI

KI die schlechte Witze erzählt und weitere Fun Facts rund um KI

VDL Table 360°:
Content + KI = Commerce – Die Formel der Zukunft?


Wie können Verlage mit ihrem Content über KI-Plattformen Geld verdienen – und eine Grundlage für nachhaltige digitale Geschäftsmodelle schaffen?

 

Diskutieren Sie mit! Sie sind herzlich eingeladen zum Round Table am 18. September von 14 bis 15 Uhr. 

Wer heute in technologische Infrastruktur, redaktionelle Automatisierung und Community-Formate investiert, sichert sich Relevanz und Wachstumspotenzial für morgen. KI ist dabei bereits ein Produktionshelfer und avanciert mittlerweile immer öfter zum Geschäftsmodell-Enabler: 
Sie fungiert als strategischer Enabler, um Journalismus wirtschaftlich tragfähig zu halten sowie neue digitale Content-Vermarktungs- und Self-Service-Angebote im Anzeigenmarkt zu realisieren.

Beim "VDL Table 360°" sind dabei:
- Stephanie von Unruh, Geschäftsführerin NWZ Mediengruppe 
- Kai Gohlke, Chefredakteur Oberpfalz Medien 
- Lars Röwekamp, Geschäftsführer open knowledge GmbH
- Prof. Dr. Stefan Tewes, Professor für Digitale Transformation und Innovation, CEO der Future Business Group
- Marko Oette, Geschäftsführer HUP GmbH

Welche Strategien, Modelle und Investitionen sind für den Übergang wichtig, welche sinnlos und worauf sollten Medienhäuser in Zukunft setzen? 

Kostenfreie Anmeldung bei daniela.braun@lokalpresse.de

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Medien Manager-Interview mit Wolfgang Stiegler, Geschäftsführer IT|Media

"KI ist Gegenwart und Zukunft in der Sicherheitsüber-wachung"

Ein Gespräch mit Wolfgang Stiegler, Geschäftsführer IT Media, über den Einfluss von KI auf Rechenzentren und Datensicherheit sowie Cloud- und Housing-Lösungen 

Würden Sie heute noch einmal ein Rechenzentrum aufbauen?
Von null? Nein – die Anfangsinvestitionen sind heute enorm. Ich würde mich in eine bestehende Infrastruktur einklinken und von Anfang an auf Skalierbarkeit, Energieeffizienz und KI setzen. Wer das nicht tut, wird in diesem Markt nicht bestehen.

Wie groß ist Einfluss von KI auf Rechenzentren wirklich?
KI ist die Gegenwart und Zukunft – vor allem in der Sicherheitsüberwachung. Wir setzen in Zukunft viel mehr als heute KI-gestützte Systeme ein, die Angriffe erkennen, Anomalien aufspüren und automatisch Gegenmaßnahmen einleiten. Das ist wie ein Frühwarnsystem, das Tag und Nacht arbeitet, ohne Pause. Aber wir stehen erst am Anfang.

Wie kann man sich das vorstellen? Als permanenten „Krieg“ zwischen White-KI und Dark-KI?
So in etwa, also zwischen Systemen, die schützen, und solchen, die angreifen. Beide lernen ständig dazu. Wer da nicht vernetzt ist und Rechenleistung bündeln kann – auch um der bereits uneinholbaren KI- und Rechen-Power aus USA und China eine regionale Alternative bieten zu können –, wird abgehängt.

Klingt ein wenig danach, als würden Rechenzentren bald selbstständig Entscheidungen treffen.
Nicht im Science-Fiction-Sinn. Aber sie werden zunehmend autonom reagieren: Lasten verschieben, Energieverbrauch optimieren, Gefahren abwehren – ohne menschlichen Eingriff. Trotzdem bleibt der Mensch in der Verantwortung. Nicht jede Entscheidung sollte man Maschinen überlassen.

Wie verändert KI das Geschäftsmodell von Rechenzentren?
KI ist wie ein neuer Dirigent im Orchester: Sie verteilt die Einsätze, sorgt für Harmonie und erkennt sofort, wenn ein Instrument aus dem Takt gerät. Für uns bedeutet das, Ressourcen gezielter zu steuern – egal ob im Housing oder in der Cloud. Kunden profitieren von einer Infrastruktur, die schneller, effizienter und robuster ist.

Bleibt Housing überhaupt relevant, wenn Cloudlösungen so stark wachsen?
Ja, unbedingt. Housing ist wie ein sicherer Hafen für eigene Server: geschützte Umgebung, kontrollierter Zugang, perfekte Bedingungen. Viele Unternehmen – gerade Verlage mit sensiblen Daten – wollen ihre Hardware selbst steuern. In der Cloud sind Sie flexibel, im Housing haben Sie die Zügel in der Hand. Am stärksten sind hybride Modelle, die beides kombinieren.

Was macht gutes Housing aus?
Verlässlichkeit. Klimatisierung, Strom, Brandschutz – das muss 24/7 funktionieren. Und: kurze Reaktionszeiten. Wir hatten kürzlich einen Fall, da lief ein System 25 Minuten nach der Störungsmeldung wieder. So etwas bekommen Sie bei einem anonymen Großanbieter selten.

Wo punktet die Cloud?
In ihrer Beweglichkeit. Sie können Kapazitäten hochfahren wie einen Motor, der sofort auf Touren ist, wenn Sie ihn brauchen. Ob für eine große Medienkampagne oder datenintensive Projekte – Sie zahlen nur, was Sie nutzen, und müssen keine Hardware anschaffen.

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Medien Manager-Interview mit Jean-Remy von Matt, Werbelegende und Autor

"Durch KI wird der Fokus wieder mehr auf die Einzigartigkeit von
Lösungen gelenkt.
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Jean-Remy von Matt, Werbelegende und Autor, über KI als „Gott in der Jackentasche“, sein neues, letztes Buch „Am Ende“ und wie man fehlende Budgets im Marketing ersetzen kann.

Sie haben in Ihrem neuen Buch „Am Ende“ KI als „Gott in der Jackentasche“ beschrieben – aber auch als Maschine für Massenware. Wenn Sie sich entscheiden müssten: Ist KI für Sie eher heiliger Gral oder Apokalypse?
Beides. KI ist zunächst eine hochbegabte, fleissiger Assistentin, der man schon sehr viele Aufgaben fast selbstständig übertragen kann - und das zu einem Praktikanntinnengehalt. Also ein Traum. Aber wie das nun mal mit einer solchen Ausnahme- Assistentin ist: Sie sägt bald am eigenen Stuhl.

Viele Verlage und Unternehmen setzen bei KI auf Effizienz, nicht auf Umsatz. Wie würden Sie KI – als Publisher – so einsetzen, dass sie Kosten spart UND bares Geld einspielt?
Wenn ich das schon wüsste, wäre ich schlauer als viele. Bin ich aber nicht. Auf jeden Fall ist ein guter Rat, sich ab sofort intensiv mit dieser Herausforderung zu beschäftigen. Je schneller man seinen besten Weg damit findet, desto besser.

Sie schreiben zurecht: „KI ist schneller, günstiger und fleißiger als kreative Menschen. Aber wer sich nur aus den Daten der Vergangenheit ernährt, dem fehlt, was innovative Ideen wirklich ausmacht: Der Blick nach vorne. Vorstellungskraft. Fantasie.“ Das werden viele Geschäftsführer und Vorstände goutieren, um dann doch dem Ja, aber-Zahlenmann die Entscheidungshoheit zu geben. Warum wird Kreativen auf Führungsebene oft so wenig vertraut?
Das sehe ich optimistischer. In der Kommunikation geht es darum, mit wirklich neuen Ideen einen Unterschied zu machen. Und das kann KI nicht lösen, zumindest nicht alleine. Ich glaube, dass durch KI der Fokus wieder mehr auf die Einzigartigkeit von Lösungen gelenkt wird.

Sie sprechen von der „Hamlet Frage der Marketingkommunikation: unterstützen, unterhalten oder untergehen“. Warum sind selbst Sie und Ihre Agentur offensichtlich auch öfter daran gescheitert, das notwendige Vertrauen in nachweislich top-erfolgreiche Kreative zu bekommen? Und: Ist das mal wieder eher ein DACH-Problem und ist man international mutiger?
Ich stimme ungern in den Kanon ein, dass Mitteleuropa zu rational und angstgesteuert entscheidet. Wir haben in unserer Region sehr mutige Entscheider und Entscheiderinnen erlebt, sonst hätten wir nicht auch bei internationalen Awardshows immer wieder Akzente setzen können. Was es allerdings schon gibt sind Länder mit einer spannenderen Werbekultur wie zum Beispiel England.

Wie reißt man in einem über Jahrzehnte gewachsenen Verlag/Unternehmen jene Mauern ein, die kreative Radikalität verhindern – ohne das ganze Haus zum Einsturz zu bringen?
Durch Anfüttern mit kleinen ersten Erfolgen.

Wie schafft es bei einem erfahrenen Unternehmen, den Start-up-Spirit zu konservieren?
Ich finde wichtig, dass Unternehmen ihren Gründergeist und ihre Jugendlichkeit nicht verlieren. Die größte Gefahr ist lang anhaltender Erfolg. Nichts macht weniger selbstkritisch, nichts macht träger. Es gibt viele Ideen, ein Unternehmen jung zu bleiben. Wir zum Beispiel haben den Jungrat eingeführt, ein Gremium aus unter 30-jährigen, die intern Initiativen starten können. Vor kurzem hörte ich eine andere Idee, die mir gefiel: Reverse-Mentoring: Älteren Mitarbeitenden wurden jüngere zur Inspiration zur Seite gestellt.

Sie sagen, Ideen haben in angstgetriebenen Umfeldern „die geringsten Überlebenschancen“. Was raten Sie Führungskräften, um eine angstfreie, ideenfreundliche Kultur zu schaffen?
Ich glaube, es gibt viele Möglichkeiten, eine solche Kultur zu födern. Zum Beispiel, in dem man intern einen offenen Dilaog über Fehler fördert. Fehler dürfen in einem Unternehmen kein Tabuthema sein, über das nur getuschelt wird. Vielleicht könnte man auch mal Extremsportler als Inspiration einladen.

Wird in Agenturen und Unternehmen die Frage nach der echten Relevanz (von Produkt-Nutzen und Kommunikation) für Kunden und Endkunden überhaupt oder konsequent genug gestellt?
Die Frage stellt sich ohne dass man sie stellen muss - und das heute sehr schnell. Was keine Relevanz hat, kann sich auch nicht durchsetzen, egal ob es ein Produkt, eine Dienstleistung oder Kommunikation ist.

In der Marktwirtschaft überlebt nur, wer einen spürbaren Unterschied bietet. Macht heute überhaupt noch eine deutsche Zeitung einen echten Unterschied? Oder sind alle (auch die wirtschaftlich – noch – erfolgreichen) mittlerweile mit Fokus auf den Content Onlinedschungel austauschbar?
Davon gehe ich aus. Ich erlebe immer noch einige Medienmarken, die konsistent für einen bestimmten Journalismus stehen und ihre Leserschaft binden können. Von Bild bis Neue Zürcher Zeitung.

Warum hat man den Eindruck, dass „Image“ mehr denn je ein Schimpfwort in den Chefetagen ist, vor allem, wenn dafür Geld ausgegeben werden soll?
Wenn es wirklich so ist, muss es dran liegen, dass die Zeiten schnelllebiger den je sind und viele auf den schnellen Abschluss, auf die schnelle Resutatverbesserung aus sind. Unwahrscheinlich, dass Geduld das Wort des Jahres 2025 wird.

In Zeiten, in denen kleine und mittelständische Unternehmen/Publisher oft ausgerechnet wieder im Marketing sparen und gute Ideen vor der Community ungesehen im 500-Euro-Mediabudget stecken bleiben: Wie viel Geld braucht Kreativität als Basisinvest für einen halbwegs messbaren Hebel zum Erfolg?
Das kann ich nicht mit einer Zahl beantworten, aber mit einer leicht anwendbaren Faustformel: Eine gute Idee kommt mit wenig Invest aus, eine langweilige Ideen schafft es auch mit hohem Invest oft nicht.

Und wer einfach nicht mehr Geld hat: Wie würden Sie starten?
Mit mehr Mut - das kann Geld ersetzen.

Hand aufs Herz: Sind Sie (als Autor) doch längst nicht am Ende. Was kommt und bleibt von Ihnen in den kommenden Jahren?
Ab sofort stürze ich mich wieder mit großer Lust in meine Konzeptkunst-Projekte und möchte dort ein neus Kapitel aufschlagen. Und vielleicht schreibe ich irgendwann auch ein Buch mit dem Titel „Nach dem Ende“.

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Medien Manager-Interview mit Andreas Müller, Geschäftsführer Mediahuis Aachen

"Wir brauchen keine Silos, wir brauchen Verbindungen"

Andreas Müller über operative Exzellenz, datengetriebene Redaktionen, transparente KI-Nutzung – und warum internationale Zusammenarbeit in der Verlagswelt ein echter Gamechanger ist.

Herr Müller, was macht Ihr Haus anders als andere deutsche Verlage – speziell im Leser- und Werbemarkt?
Ehrlich? Nichts. Wir stehen vor denselben Herausforderungen wie alle anderen: Digitalisierung, Erlösverschiebung, neue Konsumgewohnheiten. Einen klassischen USP würde ich nicht benennen – was uns von anderen deutschen Medienhäusern unterscheidet, ist eher die Struktur unseres Hauses, die sich durch unseren Eintritt in die Mediahuis-Gruppe verändert hat. Bei uns wird heute mehr Englisch als Deutsch gesprochen, weil wir über Landesgrenzen hinweg agieren. Das schafft ganz andere Voraussetzungen – auch für junge Talente.

Was meinen Sie damit konkret?
Wenn ich heute Digitaltalenten eine berufliche Perspektive biete, dann lautet die Botschaft: Du arbeitest in sechs Ländern, nicht nur in Aachen. Das ist eine völlig andere Ansage als früher: „Wenn es dir hier nicht gefällt, probier’s in unseren Nachbarstädten Düren oder Heinsberg.“ Dieser internationale Rahmen wirkt sich nicht nur auf die Kultur aus, sondern bringt auch einen ganz praktischen Vorteil: den ständigen Vergleich mit den Schwesterunternehmen in Europa.

Was lernen Sie voneinander?
Zum einen: Deutschland hinkt in vielen Digitalthemen hinterher – das sehen wir immer dann, wenn wir in der Gruppe Benchmark-Zahlen erheben. Zum anderen: In klassischen Bereichen wie der Zustelllogistik sind wir in Deutschland oft besser aufgestellt, als man denkt. Während unseren belgischen Kolleginnen und Kollegen gerade die Post den Zeitungszustellauftrag gekündigt hat, wissen wir hierzulande sehr genau, wie wir auch ohne die Post auskommen. Solche Gegensätze bringen in unserer Gruppe echten Lerngewinn in beide Richtungen.

Wie ist Ihre Unternehmensstruktur in diesem Verbund organisiert?
Wir sind eine eigenständige deutsche GmbH. Aber entscheidend ist: Wir denken und arbeiten als Gruppe. Die einzelnen nationalen Geschäftsführer des Verbunds übernehmen im Zuge der Entwicklung und Umsetzung unserer Zukunftsstrategie jeweils auch Verantwortung für gruppenweite Themen – ich beispielsweise für Automatisierung und Prozessoptimierung. Es gibt keine klassische Konzernstruktur mit Unterbau, sondern flache, horizontale Zusammenarbeit. Das ist einzigartig.

Klingt nach einer sehr vernetzten Führungsstruktur.
Absolut. Unsere Vertriebsleiterin ist mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Ländern vernetzt. Chefredaktionen entwickeln gemeinsam Strategien. Es gibt keine zentrale Instanz, die von oben herunter entscheidet – wir arbeiten auf Augenhöhe. Das ist etwas völlig anderes als klassische deutsche Konzernhierarchien.

Lassen Sie uns über Abos sprechen. Wie verändert sich Ihre Strategie in Zeiten von KI und sich wandelnden Mediennutzungsverhalten?
Print ist bei uns eine Abschöpfungsstrategie. Die Preise sind hoch, die Zielgruppe klar. Neukunden gewinnen wir fast ausschließlich im Digitalbereich. Unser Fokus liegt auf Onlinezugängen und E-Paper-Modellen, die von Printkunden als Upgrade wahrgenommen werden. Klassische Print-Kampagnen fahren wir nicht mehr.

Aber digitale Abos sind oft günstiger – wie kompensieren Sie das?
Stimmt. Um ein verlorenes Printabo zu kompensieren, brauchen wir rechnerisch etwa 2,6 Digitalabos. Wir haben in den letzten zwei Jahren ein beachtliches Wachstum hingelegt – weil wir früh angefangen haben, unsere Organisation umzubauen. Seit 2014/15 arbeiten wir konsequent daran, digitaler zu werden. Wir haben viele Aktivitäten eingestellt, die uns früher selbstverständlich und unverzichtbar erschienen. Unsere Inhalteproduktion ist heute datenorientiert, unser Investigativteam sorgt für relevanten Content – mit Wirkung auf die Abschlussquote.

Und dennoch: In Ihrer Region läuft es nicht überall gleich gut, oder?
Richtig. Der Erfolg verteilt sich nicht gleichmäßig über das gesamte Verbreitungsgebiet. In manchen Regionen gelingt es uns leichter, in anderen ist es deutlich schwerer. Woran das genau liegt? Wenn wir das wüssten, wären wir noch weiter.

Wie sieht es in der Zustellung aus? Gibt es noch Spielraum für Effizienzsteigerung?
Nur begrenzt. Wir haben die Nachtzuschläge abgeschafft und auf reine Morgenzustellung umgestellt. Unsere Gebietsoptimierung läuft kontinuierlich. Wir kombinieren Zeitungs- und Briefzustellung – allerdings nur mit durch die Konsolidierer eingespielten Sendungen. Ein klassisches Briefgeschäft mit Abholung bei lokalen Kunden und eigener Sortierung betreiben wir nicht mehr. Das hält die Kosten niedrig. Der Deckungsbeitrag aus dem Briefgeschäft senkt unsere Kosten für die Zustellung der Tageszeitung. Zumindest derzeit noch. Mit der nächsten Mindestlohnsteigerung wird sich das ändern.

KI verändert gerade die gesamte Medienbranche. Wie positionieren Sie sich?
Wir beschäftigen uns seit Jahren intensiv mit künstlicher Intelligenz – redaktionell, strategisch, technologisch. Wir haben innerhalb von Mediahuis mit sophi.io Tools zur Seitenautomatisierung entwickelt, die ohne Templates arbeiten. Wir testen aber auch andere Automatisierungstools. Unsere Redaktion nutzt KI im Alltag – zum Beispiel zur Erstellung einfacher Meldungen zur Übersetzung, zur Korrektur, zum A-B-Testen von Schlagzeilen und ähnlichen Arbeiten.

Also ein eigenes Sprachmodell?
Wir denken in diese Richtung, ja. Aber klar ist: KI wird uns nicht differenzieren. Der Content allein reicht nicht. Was zählt, ist Haltung. Unsere Eigentümer haben ein klares Bekenntnis zum Journalismus und seiner Bedeutung für die Demokratieformuliert. Deshalb investieren wir in individuellen Journalismus – in Kreativität, Tiefe, Perspektive. Nur das unterscheidet uns von den großen Techplattformen.

Wie halten Sie es mit Transparenz bei KI-Nutzung?
Wir sind der erste Verlag in Deutschland, der sich nach dem US-amerikanischen Trust Project zertifizieren lässt. Wir legen offen, wo KI zum Einsatz kommt. Und wir zeigen – auch bei Interessenskonflikten – wer hinter einem Text steht. In einem Fall haben wir unter einem investigativen Beitrag den Hinweis ergänzt, dass der Schwager des Autors in der erwähnten Firma arbeitet. Das gehört für uns zur Glaubwürdigkeit dazu.

Und inhaltlich – wie gehen Sie mit Plattformen wie OpenAI um, die Ihre Inhalte nutzen?
Wir setzen derzeit auf Lizenzierung. Unsere Größe auf Internationaler Ebene erlaubt es uns, mit Plattformen wie OpenAI, Google oder DeepL direkt zu verhandeln. Wir führen diese Gespräche aktiv – und stärken unsere Position falls notwendig mit Rechtsmitteln.

Eine letzte Frage: Wann kommt der „Phoenix-Tag“, der letzte Tag der gedruckten Zeitung?
(lächelt) Mein Kollege Thomas Düffert hat kürzlich 2033 als letztes Printjahr ausgerufen. Ich halte mich mit solchen Prognosen zurück. Sie verunsichern Mitarbeitende, und sie stimmen selten. Aber dass sich etwas verändert, und zwar mit rasantem – darüber gibt es keinen Zweifel.

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Medien Manager-Interview mit Stephanie von Unruh, Geschäftsführerin Nordwest Mediengruppe

„KI im Publishing ist kein Selbstzweck – sie muss Perspektiven schaffen“

Stephanie von Unruh, Geschäftsführerin Nordwest Mediengruppe, schildert im HUP-Interview ihre Einschätzungen zur aktuellen KI-Nutzung und digitalen Transformation in deutschen Redaktionen – und gewährt einen tiefen Einblick in die Strategie und Praxis ihres eigenen Hauses.

Frau von Unruh, Sie haben bereits 2022 einen strategischen KI-Weg eingeschlagen. Was war der Auslöser?
Wir haben relativ frühzeitig – auf Initiative der Redaktion – damit begonnen, über den konkreten Einsatz von KI-Anwendungen in der Seitenproduktion zu sprechen. Konkret war es eine Veranstaltung unseres CMS-Anbieters Eidos, bei der eine Kooperation mit dem kanadischen Anbieter Sophi.io vorgestellt wurde. Die Redaktion hat die Idee direkt an die Geschäftsführung herangetragen. Wir haben dann einen ersten Business Case gerechnet und uns für ein Invest in Höhe von maximal 250.000 Euro entschieden. Das war auch für unser Haus eine große Summe, aber wir waren überzeugt: Diese Investition zahlt auf unsere Transformation und auch auf die nachhaltige Zukunft unseres Printgeschäfts ein.

Wie sind Sie die Einführung angegangen?
Parallel dazu haben wir mit einem Voicebot-Projekt im Kundenservice gestartet, um das überlastete Callcenter bei Zustellreklamationen zu automatisieren. Dazu kam dann unser „Game Changer“: Eine von uns initiierte ‚Sandbox-Phase‘, bei der verschiedene Teams drei bis vier KI-Anwendungen testen sollten. Wir wollten Neugier fördern, Technologie erlebbar machen und über konkrete Erfahrungen lernen. Das war der entscheidende Impuls, um intern Neugierde, Verständnis und Lust auf KI zu wecken.

Was ist Ihr bisher größter Erfolg?
Wir sind der erste Verlag in Deutschland, der die automatisierte Seitenproduktion mit KI im großen Stil umgesetzt hat – zunächst bei den Tageszeitungen, inzwischen auch bei unseren Wochenblättern. Unser Ziel ist es, bis Ende 2025 etwa 80 % der Seitenproduktion hochautomatisiert abzubilden. Das verschafft uns enorme Effizienzgewinne, aber – und das ist mir wichtig – wir haben deswegen niemanden entlassen. Stattdessen konnten wir Kolleg:innen in neue Rollen entwickeln und beispielsweise ein digitales Sonntagsprodukt launchen, das so vorher gar nicht möglich gewesen wäre.

Wie nehmen Sie die Mitarbeitenden mit?
Wie in jedem Change-Prozess haben wir Fans, Zweifler und Skeptiker. Ich würde sagen, etwa zwei Drittel ziehen aktiv mit. Der Mittelbau schwankt – da helfen Schulungen, Masterclasses und unser Botschafter:innen-Programm. Für den Rest schaffen wir immer wiederkehrende Angebote. Entscheidend ist: Wir setzen auf Begeisterung, nicht auf Zwang.

Wie organisieren Sie die KI-Entwicklung intern?
Wir haben unter anderem ein Advisory Board gegründet, das Use Cases bewertet, rechtliche Fragen klärt und Budgets freigibt. Gleichzeitig haben wir unsere Organisation angepasst: In der Redaktion sind heute nur noch 12 von 150 Redakteurinnen und Redakteure für Print zuständig. Das war ein schmerzhafter, aber notwendiger Schritt für unsere Redaktionen. Nur so schaffen wir Raum für Innovation, neue Produkte und mehr Qualität in den redaktionellen Prozessen.

Welche Rolle spielt dabei das Thema Datenqualität?
Eine zentrale. Gute KI braucht gute Daten. Und Prozesse, die funktionieren. Deshalb setzen wir auf schlanke MVPs, klare KPIs und enge Zusammenarbeit mit IT und Produktentwicklung. Außerdem pflegen wir Kooperationen – etwa mit dem Weser-Kurier im IT-Bereich – und rollen neue Tools schrittweise aus.

Wie beurteilen Sie den aktuellen Wissensstand zum Thema KI in der deutschen Redaktionslandschaft?
Der „Schockmoment“ rund um KI ist in vielen Häusern überwunden. Es herrscht allerdings eine sehr unterschiedliche Geschwindigkeit der Adaption. Große Unternehmen neigen zu formalisierten Prozessen, während mittelständische Häuser durch ihre Flexibilität und „Hands-on-Mentalität“ oft schneller testen und skalieren können. Redaktionen sind beim Thema KI häufig schon weiter als andere Verlagsbereiche, weil KI-Funktionalitäten in den Redaktionssystemen integriert wurden und journalistische Teams die Chancen pragmatisch nutzen.

Wo liegen aus Ihrer Sicht aktuell die größten Herausforderungen?
Die Herausforderung liegt darin, KI nicht nur für Effizienzgewinne zu nutzen, sondern auch für Produktentwicklung, die Erschließung neuer Wertschöpfung und nicht zuletzt für die redaktionelle Qualität, zum Beispiel bei der Themenplanung und der Kuratierung von Kommentarfunktionen. Außerdem müssen wir erkennen, dass nicht jeder Mitarbeitende mit der gleichen Begeisterung an das Thema herangeht – und das ist in Ordnung. Veränderung lebt von denen, die sie tragen.

Wie stehen Sie zur Kennzeichnungspflicht von KI-generierten Inhalten?
Wir vertreten eine klare Linie: Überschriften und Zusammenfassungen, die auf Basis des eigenen Redaktionscontents entstehen, sind unkritisch. Wenn jedoch Inhalte durch externe Quellen oder stark veränderte KI-Kompositionen ergänzt werden, ist Transparenz gegenüber den Lesern unerlässlich. Unsere Glaubwürdigkeit ist unser wichtigstes Gut.

Wie sieht Ihre Vision für die nächsten fünf bis zehn Jahre aus?
Ich erwarte eine weitere Personalisierung journalistischer Angebote, flexible Content-Formate (Text, Audio, Video) und mehr nutzerzentrierte Ausspielungen. Wichtig ist die enge Verzahnung von Redaktion, Datenanalyse und Produktentwicklung. Technologisch brauchen wir Systeme, die Content automatisiert klassifizieren – zum Beispiel ob Inhalte Abo-relevant oder Reichweitenfördernd sind – und eine effiziente Mehrfachverwertung ermöglichen.

Welche Geschäftsmodelle sehen Sie als zukunftsfähig?
Live-Journalismus und Audioformate bieten großes Potenzial, ergänzt um Video. Paid Content allein wird nicht die Lösung sein. Wir setzen auf vielfältige Monetarisierungsmodelle, auch durch Kooperationen mit Startups und regionalen Partnern.

Hat Print noch eine Zukunft?
Ja. Print wird nicht verschwinden, auch wenn Printunabhängigkeit ein strategisches Ziel ist. Vielmehr geht es darum, alle Kanäle so zu orchestrieren, dass sie unterschiedliche Zielgruppen erreichen – inklusive neuer, jüngerer Leserinnen und Leser. Für uns stellt das E-Paper eine zusätzliche Brückentechnologie dar, die uns Zeit und Geld verschafft, um neue digitale Geschäftsmodelle zu etablieren.

Ihr Fazit für andere Verlage, die noch am Anfang stehen?
Fangen Sie klein an – aber fangen Sie an! Starten Sie mit einem Pilotprojekt, schaffen Sie Raum fürs Ausprobieren, holen Sie Ihre Leute emotional ab. Und ganz wichtig: Machen Sie KI zum Thema der Führungsebene. Veränderung beginnt nie im Maschinenraum, sondern immer im Kopf.



Kai Gohlke, Chefredakteur Oberpfalz Medien, über KI, die davon beeinflusste nahe Zukunft redaktioneller Arbeit – und wie Leserinnen und Leser nicht mit fertigen Artikeln, sondern mit intelligent strukturierten Informationen erreicht werden können.

Hand aufs Herz. KI ist in vielen Verlagen noch immer Synonym für Automatisierung und Kostensenkung. Ist das nicht eine gefährliche Sackgasse?
Absolut. Wenn Verlage KI nur nutzen, um ein paar Euro zu sparen, verschenken sie ihr größtes Potenzial. Die journalistische Leistung beginnt doch nicht beim Schreiben.

Sondern?
Beim Erkennen eines Themas, beim Recherchieren, beim Zugang zu Quellen. All das ist aktuell kaum automatisierbar – und gerade deshalb so wertvoll. Wenn wir nur Text aus Pressemeldungen generieren lassen, schaffen wir keine Relevanz. Wir schaffen Austauschbarkeit.

Also raus aus der operativen Ecke – aber wohin genau? Wo liegt das strategische Spielfeld für Publisher mit KI?
Ich sehe eine klare Entwicklung: Weg vom fertigen Artikel, hin zu intelligent strukturierten Informationen. Künftig wird es nicht mehr darum gehen, Content linear zu publizieren. Stattdessen stellen wir Wissen zur Verfügung – mit Metainformationen, modular aufgebaut, anschlussfähig. Die Ausspielung übernimmt dann die persönliche KI der Leserinnen und Leser. Die entscheidet, wann, wie und in welchem Format der Content konsumiert wird. Ob als Audio beim Zähneputzen oder eingeblendet im Badezimmerspiegel – das ist ihre Entscheidung, nicht unsere.

Was bedeutet das für Ihre Redaktion konkret? Was ändert sich durch diese KI-getriebene Individualisierung?
Es ändert sich alles. Wir müssen lernen, in Strukturen zu denken, nicht in fertigen Produkten. Und wir müssen aufhören, Inhalte einfach zu „senden“. Künftig wird es normal sein, dass Leserinnen und Leser ihrer eigenen KI sagen, woran sie interessiert sind – und wir liefern dazu die passenden Informationen. Die KI wird das filtern, übersetzen, neu arrangieren. Wir als Redaktion müssen dafür die richtigen Bausteine bereitstellen.

Ein schöner Gedanke. Aber sind Verlage strukturell und technologisch überhaupt in der Lage, solche Modelle umzusetzen?
Noch nicht. Aber genau hier liegt die Chance. Viele Verlage haben großartige Inhalte – aber kaum Struktur, um daraus etwas zu bauen. Wir brauchen intelligentes Tagging, semantische Metadaten, modulare Assets. Nur wenn unsere Inhalte für Maschinen lesbar und verknüpfbar werden, können wir sie auch auf neuen Wegen monetarisieren.

Sie sprechen von Relevanz auf Zuruf. Aber wie erkennen Sie eigentlich, was Ihre Zielgruppen wirklich interessiert?
Heute? Viel zu wenig. Wir publizieren Inhalte, hoffen auf Klicks – und interpretieren dann die Zahlen. Aber das ist kein Dialog. Künftig sammeln KIs die Interessen der Leserinnen und Leser, analysieren sie in Echtzeit und spielen sie zurück an uns. Dann wissen wir, was wirklich zählt – und können punktgenau liefern. Das ist echte Kundenzentrierung.

Was halten Sie von der Idee, in Verlagen neue Rollen wie Chief AI Officer zu etablieren? Oder ist das nur ein Buzzword?
Ich halte nichts von Etiketten. Es braucht keine neue Jobbeschreibung, sondern ein neues Denken. KI-Know-how muss zur Grundausstattung jeder Redaktion gehören – insbesondere bei den Produktverantwortlichen. Nur dann gelingt der Brückenschlag zwischen journalistischem Anspruch und technologischer Exzellenz.

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